Wie Kollege Hintermstoaner zuletzt richtig bemerkte, ist die Wortwahl der Anweisungen, warum man zur Zeit gerade noch das Haus verlassen darf, in Bezug auf die unbedingt notwendige Bewegung an der frischen Luft sehr merkwürdig. Da ist immerzu von Spaziergängen die Rede, nie von Wanderungen. Ich halte die Wortwahl sogar für brandgefährlich, denn historisch gesehen fand der „Spaziergang“, das „Flanieren“ immer im städtischen Umfeld statt. Und genau das ist ja eben unvernünftig. Wenn alle jetzt (auch einzeln und in der Kleinfamilie) im Stadtpark spazieren gehen, ist das einfach Scheiße! Nein, wir müssen raus, raus in die Natur, in die Wälder und wandern.
Ich habe eine Vermutung, warum die Politiker das Wort „Wandern“ scheuen. Weil sie nicht wissen, dass man auch kurze Strecken wandern kann. Für die meisten bedeutet „Wandern“ immer noch eine mehrtägige Wandertour (geht nicht mehr) oder Gruppen-Veranstaltungen mit dem Wanderverein (geht natürlich auch nicht mehr). Aber Wandern bedeutet ganz simpel, raus aus der Stadt zu kommen, sich in zivilisationsferne Gegenden zu begeben. Ich weiß ich habe gut reden, ich wohne im ländlichen Raum, habe es nicht weit bis zur nächsten Wanderung und Fahrradtour. Aber auch in der Nähe von Düsseldorf und Hamburg (nur mal so als Beispiel) kann man hervorragend wandern.
Irritiert hat mich meine Lieblings-Politikerin (keine Ironie) Annegret Kramp-Karrenbauer. In einer Mitteilung der letzten Tage schrieb sie: „… die kommenden Tage und Wochen stellen uns vor bisher unbekannte Herausforderungen. Ich bin mir sicher, wir werden sie bewältigen. Je enger wir zusammenstehen, desto besser kann dies gelingen.“ Eng zusammenstehen, Klammerblues und so? Liebe AKK, das sollte man besser unterlassen.
In der FAZ las ich gestern:„Kretschmann hat erklärt, dass Menschenansammlungen auf öffentlichen Plätzen mit mehr als drei Personen nun verboten seien, außer für Familien und Paare.“ Gut, vier-, fünf–, oder sechsköpige Familien kann ich mir vorstellen. Aber Paare mit vier und mehr Leuten? Mal nachzählen: Ein Paar sind: Eins, zwei. Bin gespannt, auf die ersten fünf Jugendlichen, die sich als EIN Paar ausgeben.
Toll finde ich, dass auch Herr Jauch zu Hause bleibt. Aber was macht der gute Mann denn da mit seinen Händen? Ist das ein gut gemeinter Tipp von Onkel Günter, was entnervte Eltern mit ihren Kleinkindern spielen sollen, die nicht mehr auf den Spielplatz dürfen? Der Bi-Ba-Butzemann geht in unserem Haus herum, widdebum? Oder soll der vom Betrachter gesehen linke Arm anzeigen, wie die Kursverläufe in Jauchs Depot VOR der Corona-Krise waren und der rechte Arm die Kursverluste NACH Corona andeuten?
Fazit Stand heute: Zuhause bleiben ist hervorragend, zu Hause bleiben und täglich kurz Wandern (oder Raddfahren) ist noch besser.
3 Comments
Hmm.. um außerhalb Hamburgs wandern zu gehen, bräuchte ich mangels Auto den ÖPNV. Den aber gilt es natürlich nun komplett zu vermeiden. Also bleibt mir fürs Zufußgehen in der Stadt nur die Möglichkeit vom Haus raus z.B. in die Parks. In Hamburg gibt es davon zum Glück reichlich viele und man kann sich doch sehr gut aus dem Weg gehen (besser als bei so manchem beliebten Steig in der Natur! der traumhafte „Miesweg“ am Traunsee z.B. wurde genau deshalb kürzlich gesperrt). Und die Hamburger sind gerade eh sehr diszipliniert, wie mir scheint. Man muss halt drauf achten, dass einem kein keuchender Jogger zu nah kommt.. aber das geht schon, wenn man will. Und man HAT sowas jetzt zu wollen! Dann darf man auch in der Stadt regelmäßig raus, meine ich.
Hmm… Ich gestehe a), dass ich den ÖPNV nutze (die Bahnen sind angenehm leer), und b), aber nicht, um in die Natur zu fahren, sondern zum Atelier, um dort virtuell zu wandern…
Bezüglich Politiker und wandern: für die heißt das natürlich „haufenweise Fotografen und Journalisten dabei, welche die Naturverbundenheit dokumentieren müssen“, dazu Security und der eine oder andere Jubelperser (ok, bei der AfD fehlen die natürlich).
Da ich auch eher am Stadtrand lebe sind die Begrifflichkeiten Spaziergang und Wandern eher fließend. Außerdem erreiche ich manche Ziele mit Wandergenossen viel leichter per Fahrrad.
Aber danke für den Denkanstoß, soweit habe ich das Problem noch gar nicht betrachtet, bzw als solches erkannt.
Ich rechne auch nicht mit Ausweiskontrollen im Wohldorfer Wald, also raus jetzt.