In einer Art paneuropäischen Wander-Union haben mein luxemburgischer Freund Camille und ich eine Verabredung: Ich zeige ihm die schönen Wege und Landschaften auf deutscher Seite, vor allem Traumschleifen und Seitensprünge. Er hingegen macht mich mit den Wanderrouten in seinem Heimatland vertraut. Und so sind wir in diesem Winter in Dudelange (der ortsansässige Fußballverein F91 Dudelange ist als Serienmeister übrigens das Bayern München von Luxemburg) gewandert.
Im Drei-Sprachen-Land Luxemburg heißt der gleiche Ort auch Diddeling und Düdelingen, in jedem Idiom hört sich das auf jeden Fall recht niedlich an. Aber auf den ersten Blick ist dies ein sehr rauer Ort, eine alte Industriestadt. Im Wasserturm befindet sich eine permanente Foto-Ausstellung, in den Fabrikhallen ein Kulturzentrum. Alles spannend, aber ich denke mir, wo hat mich denn Camille denn hier hingebracht? Das soll ein „Wanderweg“ sein?
Ja, durchaus, da ist auch schon die Markierung, sogar zwei Markierungen. Die CFL ist die DB von Luxemburg, die markieren auch Wanderwege, von Bahnhof zu Bahnhof, falls der Zug mal kaputt ist. Wir halten uns aber den Auto Pedestre Nummer 2. Genau, ein Auto-Wanderweg. So sieht er auch aus.
Wir flanieren am italienischen Viertel vorbei, ich fühle mich schon fast, als wäre ich auf Capri. Zuerst wohnten dort die italienischen Gastarbeiter, aktuell sieht man dort nur junge Menschen mit einer portugiesischen Flagge als Mundschutz.
Wir gehen bergan, so langsam verlassen wir die Zivilisation und erleben so eine Art Landschaft. Aber dann wird es noch richtig spektakulär. Denn das Erz für die Stahlwerke von Diddeling wurde im Tagebau am Berg nebenan abgebaut, ganz schön praktisch. Man kann sogar noch die Abbruchkanten erkennen.
Und dann liegen plötzlich tausende bemooste Steine herum, dazwischen schlängelt sich unser Pfad, sehr spektakulär. Diese Steine sind sozusagen der Abraum, das sind die Steine zwischen den Erzadern, die für die Verhüttung nicht benötigt wurden und einfach grob behauen in die Landschaft geschmissen wurden.
Auch ein ehemaliges Industriegebiet also. Ein Industriegebiet, das zum Wanderparadies mutierte, während die Gebäude im Ort kulturell umgewidmet wurden. Die Industrie ist gegangen, die Kultur und Wanderlust, die sind gekommen. Apropos Wanderlust: Ich habe erst kürzlich erfahren, dass R.E.M. einen Song über WANDERLUST gemacht hat. Sehr geiles Lied.