Weinwandern großstadtnah, das wäre doch eine feine Sache. Wandern in den Weinbergen in Pinneberg bei Hamburg oder in Hürth bei Köln, edle Tropfen testen in den Weingütern von Oranienburg bei Berlin und Erding bei München, zwischen den Reben flanieren in Ratingen bei Düsseldorf. In Fellbach bei Stuttgart ist das großstadtnahe Weinwandern Realität, sofern wir uns darauf einigen können, dass Stuttgart eine Großstadt ist
Einfach mit der U1 aus der Stuttgarter Innenstadt die Anhöhen am Neckar hinauffahren, an der Endstation Fellbach Lutherkirche aussteigen und zehn Minuten zur Vinothek der Winzergenossenschaft gehen – und schon hat man eine paradiesische Auswahl für die Wegzehrung.
Da es sich bei den Fellbachern um Winzergenossen handelt, müssen die beteiligten Betriebe natürlich wissen, wann sie welche Trauben anliefern sollen. Das steht praktischerweise an einer Tafel angeschrieben, so dass auch der Endkunde bei der Anlieferung zuschauen kann.
Wie großstadtnah der Fellbacher Weinwanderweg ist, sieht man schon daran, dass man das Stadion der schwäbischen Fahrstuhltruppe richtig gut sehen kann. Nun gut, so etwas wie Fußballstimmung wird coronabedingt für lange Zeit nicht bis in die Weinberge hineinwehen.
Ein Pluspunkt: In den Fellbachern Weingärten kann man sich auch an heißen Tagen unter den schicken Wetterpilzen einen Schatten-Platz suchen. Zwar haben die Dinge keinen klassischen Holzaufbau, entsprechen aber ansonsten den Vorgaben des Kölner Wetterpilzgurus Klaus Herda.
Im letzten Jahr habe ich Klaus Herda bei einer Ausstellung in Köln getroffen, die den Kosmos „Wetterpilz“ als architektonisches Outdoor-Wunder Nummer Eins beleuchtete. Die Suche und – wie in Fellbach – der zufällige Fund von Wetterpilzen mit einhergehender Erwähnung auf wetterpilze.de ist immer wieder ein erhabenes Erlebnis, wie die Erstbesteigung eines unbekannten Gipfels.
Nun aber auf nach Fellbach, auch auf der Durchreise (so war das bei mir), kann man in der Nähe von Stuttgart schöne Weinabenteuer erleben. Und die fast zwei Millionen Liter Wein, die können die Einwohner von Fellbach beim besten Willen nicht alleine trinken.
11 Comments
Och, das bekommen die Fellbacher schon hin. Wenn all die versorgt werden, die tatsächlich Wein trinken dürfen und das auch wollen, hieße das 1 Glas täglich für jeden. Die 1,9 Mio jährlichen Liter wären somit weg. Allerdings bekäme dann Andrack nichts davon ab.
Der anti-klassische Minimalismus der Pilze lässt sich leicht erklären: Des koschd ned viel ond sie erfülled ihren Zweck! Möglicherweise konnten ausrangierte Metallteile aus einer nahegelegenen Automobil-Fabrik günstig erworben werden (deshalb kein Holz). Sie sind sozusagen ein Ausdruck des schwäbischen Pietismus, also mehr Pietse als Pilze.
Der „schwäbische Pietismus“ konterkariert den „rheinischem Pietismus“ wie der Wein das Bier. Hat beides seine Nebenwirkungen..
Bin irritiert – heißt es nicht „rheinischer Katholizismus“?!?
ja, ja, ja Du hast ja Recht, aber ich finde man muss sich dem Wortneuschöpfungsgebot auch mal unterwerfen wollen. Sonst hat doch die so hoch gelobte Befrei/u/ung durch konstruktive Verwirrung keinen Platz mehr in dieser unserer Gesellschaft. Ach ja, und das Enamble hab ich nun auch b2schrieben (http://wetterpilze.de/Fellbach.shtml)
Und noch was: Weil es nicht weit vom Flughafen weg ist, fallen regelmäßig Horden von Weinliebhabern aus aller Welt bei den Ratinger Winzern ein. Verstehen kann ich es nicht. Die sanften Weinberge schmiegen sich zwar sehr malerisch in die Landschaft, aber der Riesling von dort ist quietschsauer. Nichts für mich. Ganz übel ist der sündhaft teure „Château de Cerosin“ mit seinem Flugbenzin-Odeur. Ich rat(ing)e dringend ab!
Und im Kreis Pinneberg kann man durchaus zum Weinberg wandern! (so heißt jedenfalls der Ehrenbürgermeister von Moorrege)
Hier oben „unter den Pilzen“ scheint die Zeit still zustehen. Mit „Weinbau“ und „Profi-Fußball“ schaut man hier hinab auf zwei… na, ich sag mal leicht „verstaubt“ wirkende Freizeitbeschäftigungen. Aber vielleicht schaffen es diese beiden Aktivitäten doch irgendwie, die Zeiten zu überstehen und machen es der Wanderbewegung nach, die es -auch Dank der Initiative des „Wandergurus“ Manuel Andrack- geschafft hat vom absteigenden Ast abzuspringen und sich zu einer großartigen Freizeitbeschäftigung zu entwickeln.
Hier ist die Antwort-Spalte nicht ganz so schmal… Also wenn das wirklich Auslassungen in den Dächern sind, dann sind sie als Wetterpilze erledigt (vgl. Regenschirm mit Löchern). Ich glaube, es sind Bemalungen?
Wenn’s Auslassungen sind:
Isch doch koi Probläm. Oifach koschdegünschtig transparente Wetterschutzfolie ordetlich druff bfeschdigt ond der Schdadus vom Weddrbilz bleibd.
Ha, nadierlich! Die Schwoba sind halt schon Tüftler.