In meinem Buch „Du musst wandern“ vertrat ich die äußerst steile These, dass Wandern eine Art Hochleistungssport sei, Schwitzen und Blasen an den Füssen inklusive. Im Klartext: Jede Tagestour unter 30 Kilometer sei doch eigentlich etwas für Weicheier. Nun ja, das ist ja auch schon fünfzehn Jahre her, im jugendlichen Leichtsinn schreibt man halt so etwas. In den letzten Jahren wurde ich dann immer mehr zum fanatischen Genusswanderer. Es gab kleine Ausreißer, beispielsweise einen Fünfzig-Kilometer-Marsch und einen Wandermarathon. Aber das war echt nicht mein Ding.
Doch je öfter ich kurze und kürzeste Wege ging, desto mehr hatte ich dann doch Sehnsucht nach einer kernigen Tour. Denn bei aller Wander-Wellness, fluffig geschlurften Spazierpremiumwegen und Waldbadetagen wurde mir klar: Manchmal macht es auch einfach Spaß, sich so richtig bei einer Wandertour zu verausgaben, seinen Körper zu spüren, beim Anstieg zu schwitzen und kaum Luft zu bekommen. Ohne Anstrengung ist ein Gipfelblick nun mal nix wert, man könnte ja auch einfach mit der Seilbahn hochfahren.
Daher bin ich in den letzten Monaten verstärkt längere Premiumwege aus der Kategorie „sportlich“ gelaufen.
Ich habe ein wenig darauf geachtet, was das mit mir und meinem Körper macht. Der Start einer anspruchsvollen Wanderung ist meistens hart, vor allem, wenn es mit einem knackigen Anstieg losgeht. Ich bin leichter Asthmatiker, daher huste ich einige Mal, wenn der Körper in den Wandermodus springt. Ich finde das eigentlich schön, es ist ein wenig, als wenn ein Pferd nach dem ersten Galopp des Tages befreiend schnaubt und wiehert. Dann erst macht es sich locker. Ich habe von meinem Arzt wegen des leichten Asthmas sogar schon ein Cortison-Spray verschrieben bekommen. Aber das benutze ich nicht, man stelle sich vor, ich käme in eine Wander-Doping-Kontrolle und müsste wegen der Einnahme verbotener Substanzen eine lebenslange Wandersperre fürchten – eine Horrorvorstellung!
Gerade auf den ersten Kilometern spüre ich extrem meine Beine, besonders die Oberschenkel. Wahrscheinlich liegt es daran, dass ich fast jede Wanderung zu schnell angehe, dann wird die Muskultur sauer und das tut dann weh. Aber wenn einem beim Anstieg die Beine schmerzen, ist das wirklich so schlimm? Nein, das ist mein Körper, der gerade etwas leistet, nämlich mich den Berg hinauf zu wuchten, und die Anstrengung darf man ruhig spüren, finde ich. Ist es schon Masochismus, wenn man das ab und an sogar genießt? Ich habe meinen Kindern vor einer Wanderung immer gesagt, kommt mir nicht damit, dass Eure Beine weh tun – das passiert Euren Eltern genauso. Aber spätestens beim Belohnungsbier, so mein väterlicher Rat, ist das alles vergessen.
Ich finde es auch toll, gerade bei winterlichen Wandertouren, wenn ich vor Anstrengung schwitze. Ich brauche keinen aufwändigen Saunagang, ein wenig Anstrengung während der Wandertour, schon klappt das mit dem Schwitzen und Keuchen. Natürlich habe ich nach einer richtig strammen Tour auch manchmal Rücken. Aber das ist doch schön! Denn, dass heißt doch nur, dass ich vorher die Rückenmuskulatur nicht ausreichend gestärkt habe. Das ist das ist doch das Großartige an der Wanderanstrengung: Wenn ich mich ordentlich verausgabe, ist es bei der nächsten Tour gar nicht mehr so schlimm, weil ich einfach fitter bin. Und das ganz ohne Wanderdoping!
Dies ist ein gesponsorter Beitrag.
5 Comments
Du sprichst mir dermaßen aus der Seele! Da will ich mich direkt selbst zitieren (der hinterm Stein hatte mir einen Hang zu Masochismus unterstellt): „Wäre interessant, wie Rangnick (‚Es isch doch völlig glar, dass ein Wanderer auch mal sein Limit austeschten will‘), Klopp (‚Ey Kinder, jetzt lasst doch echt mal die Kirche im Dorf, is doch geil, dass er Bock drauf hat, mal die Steig-Sau rauszulassen!‘) oder Hans Meyer (‚Gehen sie mal ruhig davon aus, dass dieser junge Mann eine große Liebe zum Steigen und Schwitzen hat, sie nennen es vielleicht Spinner, ich selbst ziehe meinen Hut vor dieser Kurasche. Leider ist mein Knie kaputt, sonst…) … :-)“
Zur genaueren Einordnung:
Da ging es um Rekordjagden auf einer ca. 4,5km-1200hm-Strecke, die schließlich in 1h41′ kulminierten 🙂
Die Lust daran, auch die Bergauf-Muskeln zu aktivieren und also zu spüren, kenn ich aber natürlich auch sehr gut. In HH führt das dann manchmal zu gezielt konstruierten ‚Bergwanderungen‘ (ohne Wegdoppelungen!): jeweils im Auf und Ab 300hm auf 10km, 250hm auf 7km..
Korrektur: 1.210 hm in 1:43 h. Das Zitat bezog sich allerdings auf die 350 Katzleiter-hm (30 min) im Rahmen einer 19 km-1.150 hm-Tour!
Danke Markazero für die Trainer-Zitate, alle total original (und originell sowieso) Am besten gefällt mir „ans Limit gehen“. Berühmte letzte Worte vor dem finalen Herzkaschper.
Ganz wichtig bei so was natürlich: Die rote Limit- bzw. Überanstrengungs-Linie muss immer gut sichtbar ein paar Meter vor dem Rekordjäger sein, damit der Kaschper hinterher noch Belohnungsbier trinken kann!