Letzte Woche war ich Gast bei der Touristikmesse CMT in Stuttgart. Auf einer Messe kann man sich informieren, auf einer Messe kann man aber auch immer noch etwas lernen. Ich lauschte einem Vortrag eines Kieler Tourismusforschers.
Er präsentierte – interessant für jeden Touristiker, denn man möchte doch wissen, wer das Geld in die Region bringen soll – er präsentierte also unterschiedliche Wanderzielgruppen. Der Professor aus Kiel hetzte aber nicht durch eine mediokre Power-Point-Präsentation, sondern stellte die Zielgruppen mithilfe einer Riege von internationalen Top Models vor.
Zunächst einmal gibt es den konservativen Wanderer:
Vom Outfit her fühlte ich mich diesen Herrschaften am meisten verbunden. Auch die Gegend, in der die beiden wandern wollten ist spitze. Die Dame hatte nämlich eine Wanderkarte von “Stuttgart und Umgebung” dabei, eine Region, die Dank der Renaturierungs-Bemühungen von Stuttgart 21 an Naturverbundenheit kaum zu übertreffen ist.
Dann wanderte eine Dame in die Halle, die als Vertreterin der Mittelschicht bezeichnet wurde (links neben den beiden Tourenradfahreren):
Etwas moderner gekleidet, und solo unterwegs, also nicht nur aus der Mittelschicht, sondern auch in der Midlife Crisis angekommen. Die Kinder sind aus dem Haus, der Mann hat ‘ne Jüngere, da muss man eben einsam wandern.
Und schließlich kam sie, die Top-Performerin, hoch gebildet, unglaublich wohlhabend, arbeitet in einer Top-Position:
Also, wenn so der Wander-Top-Performer aussieht, werde ich nie einer: Leggings beim “Wandern“, Ohrstöpsel, Walkingstöcke. Hmmmm… Aber egal, Touristiker werden ihre Top-Klientel sicher in Zukunft schon von weitem identifizieren. Man erkennt die reichen und schönen Wanderer eben schon von weitem an den Ohrstöpseln und Walkingstöcke, so einfach ist das…
Für die Zurverfügungstellung der Bilder auf diesem Blog möchte ich Jochen Leuschner (www.jl-photographie.de) danken.
10 Comments
Wirklich köstlich! So stellt sich der Kieler Tourismusforscher wohl eher die Wanderzielgruppen vor. Das ganz normale junge Menschen das Wandern für sich entdeckt haben, ist ihm anscheinend verborgen geblieben.
…weltfremd???
Soll ja manchmal bei Forschern so sein 😉
Also, wenn ich mall in mein kleines Tellerchen schaue, und sehe wer dort „kompetente“ Aussagen trifft, dann schüttel ich auch nur den Kopf. Aber das sind genau die Leute, die wissen wie man Fördergelder bekommt…
Dann hätte der Forscher mal hier schauen sollen, was alles gerade so im Trend ist:
http://www.dieweltenbummler.de/Blog/sicherheit-auf-wanderwegen/
😉
Oh man, das ist wirklich amüsant! Da sollten die Marketing-Strategen wohl einfach mal selbst wandern gehen und gucken wie die Menschen wirklich aussehen, die unterwegs sind…
Puh, ich erkenne mich jetzt irgendwie in keiner wieder… ich bin nicht alt, aber auch nicht in der krise, und eine führende position habe ich auch nicht (und walking-stöcke erst recht nicht). bin ich kein wanderer? Oder bin ich es zielgruppentechnisch einfach nicht wert, erwähnt zu werden? Vielleicht sollte ich mit dem Radfahren anfangen…?!
Unvollständige Schubladenforschung? Allein die Berg- Seniorentypologie kennt vier charakteristische Typen. (http://www.auf-touren.de/2011/09/20/berg-seniorentypologie/#more-1774)
Sehr schöne Zusammenstellung. Muss ich jetzt für mich eine neue Zielgruppe aufmachen oder sollte ich das mit dem Wandern einfach lassen, weil ich nirgendwo reinpasse?
@Michael: Die Trendfotos sind großartig. Mein Highlight war bisher eine Gruppe Chinesen, die offenbar direkt vom Meeting auf den Berg gegangen sind: Alle im Businessanzug und dazu passenden Schuhen, kraxelten sie zwischen den Felsen unterhalb des Wallberg-Gipfels herum. Leider hab ich kein Foto davon.
Uli
Hmm, ich glaube ich bin ein Hybrid.
Schubladendenken gibt es halt überall, warum also nicht in der freien Natur. Die ist auch schon längst Bühne menschlicher Eitelkeiten.
Das ich jemals gehofft hätte alt und konservativ zu sein – ich hätts nicht geglaubt. Danke nach Kiel !!
Das mit den Zielgruppen ist ein gerne gemachtes Spielchen. Zielgruppen sind wirklich wichtig im Marketing, gar keine Frage. Aber – sie werden oft heillos überschätzt.
Man sollte sich besser die Menschen anschauen, die man z.B. auf dem Wanderweg trifft.
Noch besser – mit denen reden. Dann hat man gleich eine Rückmeldung und viele neue Ideen im Rucksack.
Also Zukunftsforscher, los raus auf die Piste 🙂
Schöner Beitrag, vielen Dank.