Ich bin über den Jordan gegangen, ne Quatsch, ich bin über die Wupper gegangen, ach Blödsinn, nein, auch nicht, jetzt habe ich es: Ich bin über den Deister gegangen. Ich kannte die letztere Redewendung gar nicht, aber die Menschen zwischen Hameln und Hannover im südlichen Niedersachsen gehen eben über den Deister. Und ich habe letzten Samstag erstmals dieses kleine aber feine Gebirge kennen gelernt.. Sogar einen – man höre und staune – Hannoverschen Wander- und Gebirgsverein gibt es, der die Wege auf dem Deister – unter anderem immerhin ein Teilstück des E1 – in Schuss hält.
Nun, Gebirge hin, Gebirge her, ich hörte von einem Schweizer, der den Deister besuchte und hernach verzweifelt überlegte, wie man dann die heimatlichen helvetischen Berge nennen solle, denn er verstand unter “Gebirge” etwas ganz anderes.
Ich war zum Literaturfest Niedersachsen nach Springe geladen und zum Entree der abendlichen Lesung, die ich moderieren sollte, wanderte das Publikum durch den Deister und lauschte an ausgewählten Orten den Dichter-Worten von Hermann Hesse, Robert Walser, Joseph Roth und Gottfried Keller.
Ein Jüngling mit güldenem Haar schmetterte die literarischen Worte in den sturmumtosten Wald, und die Winde spielten die Musik zu diesen wohl gewählten Worten:
Heiter ist’s und aufgeräumt
Und das Wehen der Föhren
Wenn die Luft in Ihnen träumt
angenehm zu hören.
Ich musste erst mal googeln, dass Föhren so ne’ Art Kiefer sind, na ja, der gute Herr Keller hat sie wohl einfach so bezeichnet, weil sich “Föhren” so schön auf “Hören” reimt.
Wie jeder amtliche Höhenzug hat auch der Deister seine Pforte, jeder kennt ja die Pforta Westfalica am Teutoburger Wald.
Zur geologischen Deisterpforte gibt es auch das passende Lokal, das einem das Gefühl gibt, sich in der DDR der 1960er Jahre zu befinden. Und Dienstags, ja Dienstags gibt es keinen Ruhetag, Dienstags ist die Deisterpforte auch nicht geschlossen, nein: