Auch an der Mosel gibt es steile Berge, jawohl! Wer schon einmal über naturbehauene Schiefertreppen, schmale Pfade und Serpentinen in Cochem hinauf zum Pinner Kreuz Gestiegen ist, kennt die alpinen Herausforderungen des Mittelgebirges. Kein Widerspruch!
Wie heißt es im Holländischen so schön: „Iem gouden bergen beloven“, zu deutsch: jemandem goldene Berge versprechen. Irgendwer hat diesen Holländern also vom Pinner Kreuz erzählt, in Corona-Zeiten wandern sie dort verstärkt umher, aber unglaublicherweise sehen die alle total frisch aus, sehr unverschwitzt. Das mag an einer technischen Errungenschaft liegen, die in den Niederlanden Stoeltjeslift heißt.
Ein wenig die Mosel hinunter, Richtung Cochem, sah ich am Berghang merkwürdige Bauten, die aussahen, als hätten Außerirdische, wie sie Erich von Däniken beschrieb, dort als Landestation für ihre Ufos installiert. (Auch die Pyramiden von Gizeh wurden ja laut Däniken als eine Art Landebahn von Außerirdischen gebaut.)
Ich hatte allerdings keine unheimliche Begegnung der dritten Art, musste allerdings zur Kenntnis nehmen, dass es eine mir vorher unbekannte Sportart gibt: Berggolf.
Noch unbekannter ist eine Sportart, deren Namen mir noch nicht einmal geläufig ist. Unterhalb des Belchengipfels sah ich beim Überqueren einer Straße zwei behelmte Menschen. Der eine stellte sich auf ein Skateboard, der andere nahm Schwung und legte sich mit dem Rücken flach auf eine Art Rodelschlitten auf Rädern. Dann heizten die beiden Wahnsinnigen in mörderischem Tempo die abschüssige Straße hinunter.
Am wundersamsten finde ich in deutschen Mittelgebirgen, wenn Wanderer an steinreichen Stellen ganze Armeen von Steinmännchen errichten (ist das gendermäßig korrekt, müsste es nicht auch Stein*menschlein geben?)
Merkwürdigerweise erzeugen diese Steinmännchen bei mir sehr große Aggressionen. Ich würde am liebsten wie ein Berserker die Dinger kaputttreten. Woher kommen diese negativen Gefühle? Das erinnert doch stark an ein Kleinkind, dass die mühevoll errichteten Bauklotztürme der anderen Bälger zerstören will. Vielleicht mag ich diese Steinmännchen nicht, weil die wirklich einzige sinnvolle Begründung, so ein Ding zu bauen, die Funktion eines Wegweisers im Hochgebirge ist. Wenn allerdings nicht ein Steinmännchen, sondern Dutzende am Hang herumstehen, obwohl ich auf einem unverlaufbaren und bestens markierten Premiumweg gehe, dann ist das so dermaßen sinnlose Natur-L’Art pour L’Art, dass ich wütend werde, man möge mir das verzeihen. Ich denke, ich mache eine Steinmännchen-Therapie. Andererseits las ich kürzlich in der FAZ, ich zitiere: „Selbst in der Natur gibt es kein Entrinnen: Kann man noch irgendwo wandern, ohne dass jemand vor einem einen dieser Steintürme am Wegesrand hinterlassen hat? Was Liebesschlösser an Brücken sind, ist diese epedemisch gewordene Land Art für Anfänger außerhalb der Stadt. Naturschützer finden mit ihrer Aufforderung still zu halten, kaum Gehör. Obwohl unter den Steinen Insekten, Reptilien oder Spinnentiere Zuflucht nehmen und jeder Stapel ein kleines Ökosytsem zerstört.“ Ha, na also. dann doch lieber Steinmännchen zerstören und Ökosysteme ermöglichen, oder?
8 Comments
Alle Stein-Männchen/-Weibchen „wie ein Berserker kaputttreten“ wäre natürlich sehr kontraproduktiv. Empfehle daher stattdessen den konsequenten Rückbau, d.h.: jeden verbauten Stein sorgsam einzeln aufnehmen und damit behutsam ein verängstigtes Insektlein, Reptilchen oder Spinnentierchen bedecken, damit sich diese wieder in Sicherheit wissen können und jedes verschwundene Ökosystemlein eine erneute Chance erhält. Dieses Vorgehen dürfte auf Dauer auch jegliche Aggression pulverisieren („Buddhandrack“ Hilfsbegriff).
Auf dem Weg zum Hochalpenkopf im Antholzer Tal waren die Stoamandln im Nebel äußerst hilfreich, der Stoaner wird sich erinnern! Auch auf dem Weg zur Peterer-Scharte im Villnößtal waren diese Wegweiser schon sehr willkommen! Aber als Lego-Bausteine im Mittelgebirge sind sie natürlich völliger Quatsch und würde ich die Event-Basteleien auch gerne kaputt treten.
Kleine Korrektur: der Hochalpenkopf gehört zum Pustertal (bzw. Grünwaldtal oder Brunsttal). Kann mich aber eh nur an die Mandl am Weg zum Steineck erinnern..
Da schwächelt meine Erinnerung. Sie wird überlagert vom Stoaner im Steineck-Rückwärtsgang. Die neblige Hochebene plus Murmel-Begegnung am Hochalpenkopf – herrlich!
Unvergessen natürlich auch der Moment, als ich am Hundskopf (oberhalb vom Radlsee) einen flachen Stein zum Gedenken an den verrückten Maxl-Dackel installiert habe!
Ich habe auch mal ein kleines Ökosystem zerstört. Im Urlaub auf einer griechischen Insel war es. Ich lag faul am Strand, und um meinen Kopf etwas bequemer zu betten, griff ich blind nach einem großen Stein neben mir. Den grauenhaften Schmerz, der mich ohne Vorwarnung durchzuckte, wünsche ich meinem schlimmsten Feind nicht. Ungefähr so als hätte jemand zwei glühende Stecknadeln in meinen Daumenballen gejagt. Ich war noch in der Lage zu sehen, dass ein schwarzes Insekt blitzschnell davondüste. Es hatte einen gespaltenen Schwanz! Jawohl, es war ein Skorpion. Riesenaufregung, Notarzt im Hotel, Erstversorgung. Das schlimmste: Mir wurde für eine Woche jeder Alkohol untersagt. Daheim las ich im Lexikon nach ( es gab noch kein Wikipedia): Europäische Skorpionstiche sind schmerzhaft, aber nicht tödlich. Das sind nur südamerikanische. Soviel dazu, wie es einem ergehen kann, wenn man ein kleines Ökosystem zerstört. Die Rache war fürchterlich.
@ Manuel:Ich würde die Abneigung gegen Steinmännchen doch nochmal überdenken. Vielleicht waren die Schöpfer von stonehenge und den Osterinsel- Skulpturen auch ganz frühe Steinmännchen Bauer? Wer daran zweifelt, werfe den ersten Stein!
Ich bin gestern beim Steinmännchen-Therapeuthen gewesen und habe mich behandeln lassen. ich bin jetzt ganz ruhig und entspannt, denke mir: Jeder Jeck ist anders, sollen die einen (überflüssige) Steinmännchen bauen, andere sie blöd finden, so ist die Welt. Hass ist weg, Liebe regiert die (Wander-) Welt!!!