Eine ewige Streitfrage ist, ob man das was man ist – Charakter, Vorlieben, Aussehen, Verhalten – ob das alles so ist, weil man eben so ist (genetische Festlegung) oder weil man so wurde (alles anerzogen/die Gesellschaft ist schuld). In der Forschung schlägt das Pendel ganz stark in Richtung genetischer Vorprägung, wobei damit natürlich nicht sämtliche menschlichen Defizite zu erklären/zu entschuldigen ist. Trotzdem bin ich immer davon ausgegangen, dass ich wandere, weil ich das von meinen Eltern so gelernt habe. An eine genetische Wanderprägung hatte ich nie gedacht.
Vor ein paar Wochen habe ich seit langer Zeit mal wieder in meinem Buch „Von wem habe ich das bloß: Auf den Spuren der Ahnen. Eine Gebrauchsanweisung“ gelesen. Ich weiß nicht wie das anderen Autoren geht, aber ich lese selten in meinen alten Büchern, ich habe sie ja geschrieben. Allerdings muss ich auch 12 Jahren nach Erscheinen des Werks sagen: das ist ein richtig gutes Buch. (Diesen Hang zum Eigenlob, woher habe ich das bloß?). Ich habe in diesem Buch viel ausprobiert, um meinen Ahnen auf die Spur zu kommen (Archive, Vor-Ort-Recherche, genetische Tests, Namensforschung), aber ich hätte nie eine genealogische Verbindung zu meiner Wanderleidenschaft gesucht.
Glücklicherweise hat mich der rührige Chef des Kreismuseums Bad Liebenwerda zu einer Lesung über genau jene Ahnenforschung in sein Museum eingeladen. Er hatte mir schon vor zwölf Jahren bei der Recherche geholfen, und hat nun neue Andracks in der Region entdeckt. Unter anderem den Martin Andrack und den Johann Georg Andrack aus dem 18. Jahrhundert. Und die beiden Andrack-Jungs waren – Wanderschäfer. Die genaue Verbindung zu den beiden habe ich noch nicht herstellen können, aber die Wahrscheinlichkeit ist doch extrem hoch, dass die beiden meine Ahnen sind. Wanderschäfer als Vorfahren, das erklärt doch einiges: Die Outdoor-Affinität, den Hang zum Geschichten Erzählen, die Zeiteinteilung in Schäferstündchen.
Ich habe bei meinem Besuch in Bad Liebenwerda natürlich auch meinen dortigen Familienzweig besucht, die ich erst vor 12 Jahren kennengelernt habe. Durch einen Ururgroßvaterschaftstest mit Helmut Andrack konnte (fast) zweifelsfrei festgestellt werden, dass ich mit 99,98570699 Wahrscheinlichkeit mit ihm verwandt bin.
Helmut Andrack (rechts im Bild) ist, obwohl er in diesem Jahr achtzig Jahre alt wird, mein Neffe, genau genommen der Großneffe vierten Grades, denn Johann Christian Andrack (geboren 1795) ist sein Urururgroßvater, aber mein Ururgroßvater, ein Ur- weniger. Ebenfalls traf ich in Bad Liebenwerda Herrn Graeff, auch entfernte Andrack-Verwandtschaft. Herr Graeff (links im Bild) betreibt als Baumschullehrer eine Baumschule, die im 19. Jahrhundert von Eduard Andrack gegründet wurde. Baumschule, da fällte es mir wie Schuppen aus den Haaren, da hätte ich auch früher drauf kommen können – eine genetische Prägung für meine Liebe zu den deutschen Wäldern. Und schon wusste ich wieder ein wenig mehr, von wem ich das bloß habe …
5 Comments
Wandernde Ziegenhirten als Vorfahren hätte das Gesamtbild natürlich perfektioniert (wgn. Hennes).
Das Ahnen-Thema ist wirklich interessant. Hab mal eben in Hinterzeros Ahnenliste väterlicherseits (ab Großeltern rückwärts) nachgesehen: da sind zwar u.a. rund 200 Bauern, 150 Pfarrer und ca. 300 Handwerker (u.a. 13 Bierbrauer und diverse „Lebküchner“) aufgelistet, aber nicht ein einziger „Hirte“. Derlei Vorfahren benennen zu können, scheint echt selten zu sein.. Immerhin aber sind auch 33 „Wildmeister/Jäger/Förster“ nachgewiesen und rund 20 „Kantoren/Organisten/Musikanten/Pfeifer/Pauker“. Bzgl. der lediglich 2 „Künstler (Maler)“ ein Tipp: heißen beide wie Poldi 🙂
Bad Liebenwerda ist übrigens nur knapp 30km (also 1 schöne lange Tagestour) von Grimma weg, wo unsere mütterliche Ahnenlinie ihren Ausgang nimmt.. (da wiederum sind z.B. ähnlich viele Pfarrer zu erwarten..)
Respekt, über welch gewaltige Ahnentafel der Hintermstoaner verfügt! Das sind ja Hunderte Vorfahren. Aber ich stutzte, als ich vond der geringen Entfernung zwischen Bad Liebenwerda und Grimma, also auch der geringen Entfernung zwischen der Andrackschen und der Hinterstoanerschen Ahnenlinie hörte. Sollten wir gar am Ende … verwandt sein???
Wenn in Deiner Linie irgendwo ein(e) Resch oder Weigel vorkommt, sollte man nachforschen.. Verwandt miteinander sind wir aber im Grunde eh alle miteinander, seit irgendwann mal zwischenzeitlich die Menschheit auf paar Tausend Exemplare reduziert war (Megavulkan? Meteorit? Weiß nimmer..). Die genetischen Unterschiede z.B. innerhalb der Art der Schimpansen sind angeblich viel größer als bei uns.
Hi,
das Buch von wem habe ich das bloß, ist wirklich gut. Eigentlich ist alles von Andrack, außer das Saar Sammelsurium, toll! Leider gibt es die meisten Bücher, außer ein Best of der ersten 2 Wanderbücher, nicht als Hörbuch. Dabei ist Manuel ein sehr guter Laser, äh Leser! Kommt da noch was, in Zeiten des Audiobooks?
Gruß