Ich habe schon ab und an vor einer Fernsehkamera gestanden (und vor allem gesessen), habe auch schon Wandersendungen für den SR und den WDR gemacht. Aber ich habe noch nie einen Werbespot für einen Wanderweg gedreht. Premiere! Der Neanderlandsteig um den Kreis Mettmann herum liegt im Einzugsbereich von vielen NRW-Städten: Düsseldorf, Köln, Solingen, Wuppertal, Essen, Mülheim, Duisburg. Da liegt es nahe, dieses Wanderer-Potential auf den Neanderlandsteig zu locken, indem man den Rundweg um den Kreis Mettmann herum auf den Kinoleinwänden der umliegenden Städte bewirbt. Eine Ehre für mich, das Gesicht dieses Kino-Spots zu sein.
Allerdings habe ich noch nie so nervenaufreibende Dreharbeiten mitgemacht. Das war anstrengender als eine 80-Kilometer-Wanderung mit Thorsten Hoyer! Alle Sequenzen des Kino-Spots wurden mit einer Kamera-Drohne gedreht, die bei den gefühlt 150 Wiederholungen der Szene immer haarscharf an meinem Kopf vorbeiflog, so dass ich ernsthaft Sorgen um mein Resthaar haben musste.
Rein technisch betrachtet ist eine Drohne ja nicht so konstruiert, dass da noch der Kameramann von der Drohne mitgeflogen wird, die Drohne kann nur eine kleine Kamera transportieren. Also muss sich der Kameramann mit der virtuellen Brille behelfen. Das ist echt irre: Wenn der Kameramann den Kopf bewegt, kann er damit auch die Kamerabewegungen steuern.
In Zukunft könnte das auch beim Wandern eingesetzt werden. Ein Wanderoperator (früher hieß das Wanderführer) steuert mittels Kopfbewegungen den ganzen Wanderverein.
Wenn ihr glaubt, dass nur von der Kameradrohne Gefahr für Leib uns Seele ausging – Irrtum! Ich hatte auch mit sehr analogen Gefahren zu kämpfen.
Am Motiv „Schlupkothen“, einem krombacheresken See am Neanderlandsteig, störte ein grüner Metallzaun den Natur-Eindruck. Wir konnten das Ding aber nicht einreissen, also wurde aus Holzkisten ein äußerst wackliges Podest gebaut, auf das ich mich stellen sollte. Schon der Spreizschritt hinauf auf das Podest war nichts für Menschen mit schwachen Nerven und Leisten. Aber oben thronend, die Hände in den Taschen (typische Wanderhaltung von mir) die Balance zu halten. Das war reif für den Cirque de Soleil.
Als wir alle schon dachten, der Dreh auf der Kiste wäre im Kasten, besuchte uns noch die freundliche Polizei von Velbert. Ich dachte zuerst, die wollten mit uns über’s Wandern plaudern, aber sie sagten nur barsch: „Wir sind wegen Ihnen hier“. Oha!
Fakt war, dass der Landeanflug sämtlicher Maschinen auf dem Flughafen Düsseldorf gestoppt worden war, weil wir mit einer Drohne unsere Kinospot-Aufnahmen gemacht hatten. Außerdem hatte sich ein Velberter Bürger beschwert, wir wären über seinem Garten geflogen. Nach dem Austausch von vielen amtlichen Drohnen-Flug-Erlaubnissen und Sichtung unseres Materials wurde der Düsseldorfer Flugverkehr wieder aufgenommen und der Velberter Bürger wurde wegen böser Verleumdung in eine Gemeinschaftszelle gesteckt. „Mit siebenundzwanzig 1,90 Meter großen sexuell ausgehungerten Weibsbildern“ wie der Polizist erläuterte.
Ich danke herzlich meiner Bloggerkollegin Elke Bitzer (https://fotografischereisenundwanderungen.com) für die Making-Of-Fotos.
Das fertige Ergebnis ist in ausgewählten Kinos seit letzten Donnerstag und auf You Tube zu sehen.
4 Comments
Weil nicht nur der See, sondern auch die Musik im Spot krombacheresk ist, wartet man unwillkürlich auf das Schlussbild „Andrack mit Belohnungsbier, selig lächelnd“. Wahrscheinlich ist diese (vollständige) Version nur vor „ab 18“-Filmen zu sehen, dann auch mit spektakulären Flugzeug-Ausweichmanövern, hektischen Fluglotsen und halsbrecherischer Drohnen-Verfolgungsjagd der Velberter Polizei!
Wenn der Nachbar Charlie Harper hieß und es sich bei seinen Mitinsassinnen um verschwitzte Volleyballerinnen handelte, dann hat ihm das gefallen.
Jetzt fällts mir erst auf: mit dem Spot sollen also Cineasten zum exakten Gegenteil dessen bewogen werden, was ihrem Wesenskern entspricht. Helligkeit statt Dunkelheit. Stundenlang gehen statt stundenlang in bequemen Sesseln herumlümmeln. Wanderproviant statt riesige Popcorntüten. Realität statt Phantasiewelten. Das nenn ich ambitioniert! Ob das mal gutgeht.. der Schlüssel kann nur die einzige echte Gemeinsamkeit sein: Bier!
Gratuliere für den tollen Beitrag! Deine Erfahrungen sind sehr interessant zu lesen 🙂