Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen. Das stimmt. Zuletzt habe ich mich auf den Weg in’s Vogtland gemacht, nach Bad Elster an der tschechischen Grenze. Dort habe ich im zauberhaften König-Albert-Theater meine Wandershow gespielt. Großer Abend, tolle Stadt. Aber das wollte ich gar nicht erzählen. Vielmehr habe ich auf der Reise NACH Bad Elster wieder einiges gelernt. Zum Beispiel könnte ich diese Millionenfrage von Günther Jauch problemlos beantworten: Wo findet sich der längste Bahnsteig Deutschlands?
A: München
B: Langenau
C: Langenfeld
D: Gößnitz
Die richtige Antwort ist Gößnitz, die südthüringische Metropole zwischen Gera und Zwickau. Ich habe diesen XXXL-Bahnsteig fotografiert, sieht mega-interessant aus…
Ich hatte wirklich sehr viel Zeit zum Längste-Bahnsteig-Deutschlands-Fotografieren, denn mein Anschlußzug hatte 80 Minuten Verspätung. Lange Verspätungen sind nur halbwegs erträglich, wenn man (erstens) im verspäteten Zug selber sitzt (am besten im Zugrestaurant), es (zweitens) warm genug ist, am Bahnsteig auf einer Bank sitzend etwas zu lesen oder (drittens) eine halbwegs vernünftige Bahnhofsgastronomie vorhanden ist. In Gößnitz traf keine der drei Axiome zu. Schade. Also habe ich in 80 Minuten 80 Fotos vom längsten Bahnsteig Deutschlands gemacht.
Als ich dann endlich im Bahnhof von Zwickau war, wusste ich auch, wie man in Westsachsen auf Bahnsteige im Allgemeinen und auch im Besonderen hinweist, genau so:
… ich habe verzweifelt gesucht, wie der Satz „Nach den Bahnsteigen…“ weitergeht. „Nach den Bahnsteigen ist vor den Bahnsteigen“ oder „Nach den Bahnsteigen kommt erst mal gar nichts“. Aber es blieb bei: „Nach den Bahnsteigen“. Da bin ich einfach nach den Bahnsteigen gegangen und in die Vogtlandbahn nach Bad Elster gestiegen.
Allerdings habe ich vor der letzten Zugetappe noch das stille Örtchen, den Locus, das WC, die Doppel-Null aufgesucht. Im Zwickau ist das eine Pachttoilette.
Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen.
2 Comments
608 Meter. Wow! Da freut man sich dann besonders, wenn es wieder mal kurzfristig heißt „Wagenreihung geändert“.. Jedenfalls bist Du in den 80 Minuten also maximal 7x hin und her gewandert. Im Grunde fehlt da nur noch ein umlaufender Waal und eine zünftige Jausenstation und Gößnitz darf sich bald „einziger zertifizierter ECHTER Wanderbahnhof“ nennen.
Wer kleingeistig einwenden will, dass es in Deutschland noch längere Bahnsteige gibt, kann das natürlich tun, sollte aber bedenken, dass man in Gößnitz mal locker die Gesamtbevölkerung auf einem einzigen Bahnsteig unterbringen kann! Kann man das etwa in Mainz, Hamburg oder Essen? Eben.