Ich unterhalte mich mit dem Bürgermeister der Gemeinde Heidenrod, Volker Diefenbach. Er war lange Jahre Förster der Gemeinde und damit Herrscher über den größten kommunalen Waldbesitz Hessens. Als Bürgermeister und Ex-Förster hat Diefenbach eine – wie ich finde – richtige und mutige Entscheidung getroffen.Im Wispertal wurde unzählige Bäume und Sträucher entfernt, um den Blick auf das Wesentliche frei zu machen: Die Wisper und die grünen Auenwiesen. Wir durchqueren das Tal (an dieser Stelle heißt es Wispercanyon) auf einer weiteren, niegelnagelneuen Brücke. Der Bürgermeister rollt sein Wanderhemd hoch und zeigt mir seinen Bizeps.
Zuerst denke ich, er hat sich dort die 19 Ortsteile von Heidenrod tätowiert. Nein, er zeigt mir einen voluminösen blauen Fleck, ein Andenken an die schweren Balken der neu errichteten Brücke. An einem Wanderparkplatz haben wir dann doch die Wisperstraße erreicht, daher führt uns der Wispertaunussteig hinaus aus dem Tal in luftige Höhen.
Auf alpinen Zickzackpfaden geht es bergan, immer wieder passieren wir Felsformationen, bis wir das Geroldsteiner Tor erreichen. Das Geroldsteiner Tor ist ein phantastischer Talblick, gerahmt von Bäumen und Zweigen. Bildschön. Aber es geht noch besser. Wir kraxeln noch ein Stockwerk höher und nach dem Tor können wir einen Kilometer später durch das Fenster hinausschauen, das Dickschieder Fenster. Gigantisch!
Vom Ortsteil Geroldstein im Tal geht der Blick bis zum Hunsrück mit vielen Windrädern auf der anderen Rheinseite. Dazwischen verzahnen sich die Bergnasen des Wispertals zu einem grün bewachsenen, riesigen Reißverschluss. Nach dem wir das Fenster geschlossen haben, verlassen wir den Wald. Es geht über eine freie Fläche mit angrenzenden Weiden hinauf nach Dickschied und ich denke, das ist ein hübscher, kleiner Spaziergang zum Abschluss der Etappe. Von wegen. Das Schlussstück zieht sich ganz schön und es sind noch einige Höhenmeter zu überwinden. Im Dorf laufen die Richtfest-Organisatoren zur Hochform auf: Kulinarische Genüsse (gebackener Camembert, Wildbratwurst, Flammkuchen) sowie flüssige Köstlichkeiten (Spitzenweine eines Lorcher Weinguts, zwei Craft-Bier-Brauereien, große alkoholfreie Getränke-Auswahl) begeistern die Wanderer und sorgen für sehr gute Laune. Ein runder Richtfest-Wandertag!
Mein Fazit: Die äußerst abwechslungsreiche und sehr naturnahe zehn-Kilometer-Etappe vom Strupsel nach Dickscheid macht mich neugierig auf die weiteren Etappen des Wispertaunussteigs und die dreizehn zukünftigen Premiumrundwege. Es ist bekanntlich wissenschaftlich erwiesen: nach einer Wanderung ist man entspannter,
besser gelaunt, glücklicher als zum Start der Wanderung. Speziell das Wandern im Wispertaunus macht definitiv glücklich, mega-glücklich. Für mich sind diese Wispertaunus-Wanderwege Pfade zum Glück, es sind Glückspfade.