Bin zuletzt auf dem Rheinburgenweg gewandert und sah kurz vor Oberwesel einen Skulpturenpark mit teils grausigen, teils unterirdischen, teils tollen und manchmal auch peinlichen Exponaten. Zur letzteren Kategorie gehörten mehrere „Troll“-Figuren wie diese hier, die unter dem Titel „Rheines Lust“ einen verkommenen Penner-Troll mit Flaschbier auf einer Parkbank darstellen soll.
Schön fand ich, dass sich keiner zu diesem „Kunstwerk“ bekennen wollte. ‚Künstler unbekannt’ – sehr lustig, wie muss ich mir das vorstellen? Lagen die Troll-Kunstwerke wie Findelkinder am Straßenrand, keiner kennt die Eltern? Oder sind die Trolle von Beltracchi gefälscht worden? Sehr mysteriös.
Dann doch besser mit einer der schönsten Aussichten auf den Rhein (wenn man von den Rheingold-Traumschleife-Ausblicken absieht) im Günderrodehaus ein Bier trinken und einen Flammkuchen essen…
… Danke Edgar Reitz, hätten Sie nicht Heimat 3 in Oberwesel in diesem fiktiven Günderrodehaus gedreht, gäbe es diesen lauschigen Ort gar nicht. Fiktion schlägt Realität, das ist KUNST!!!
Wenn man in Oberwesel ist, ist man noch lange nicht am Bahnhof, sondern geht noch gefühlt kilometerlang an der Stadmauer von Oberwesel vorbei, die zweitlängste Mauer der Welt nach der chinesischen. Daher müsste auch die Werbetafel von Oberwesel etwas modernisiert werden:
Erst mal wäre es schön, wenn man irgendwo noch ein „Ü“ entdecken würde, denn das hochgestellte Umlaut-“E“ von „Tuerme“ sieht doch etwas merkwürdig aus. Und dann müsste es heißen: Oberwesel: Stadt der Türme, der Heimat-Drei-Drehorte, des Weines, der Mauer und der hässlichen Troll-Kunstwerke.
5 Comments
„Fiktion schlägt Realität, das ist KUNST!!!“ – herrlich, absolut Katalogtext-geeignet! Fast kommt es mir so vor, als hätte Dieter Krieg das auch mal gesagt (zumindest sinngemäß).
… soll ich Dir demnächst ein paar schwurbelige Kunst-Katalogtexte schreiben? Das kann ziemlich gut! …
So mit ganz viel „evoziert beim Betrachter, prozessual, kontextorientierte Strategie, verweist auf, fungiert als, irritierende Duplizität, Reflexionsebene“ usw.usf.? Au ja, fein, ich komme bei Gelegenheit drauf zurück!
… ohne die Adjektive „luzide“, „performativ“, „audiovisuell“, „oszillierend“ und „dekonstruktivistisch“ trete ich gar nicht an …
Eh klar, damit kann man die doppelbödigen Schichtungen der Ansammlung vermeintlich disparater Formelemente viel besser freilegen, wenn nicht gar sezieren, und so die sich manifestierende ironische Brechung überhaupt erst zur Gänze sichtbar machen.