Heute mal kurz etwas zum Thema Kunstmarkt und Heimatkunde. In der aktuellen ZEIT vom 28.11. las ich einen Artikel von Nina Pauer mit dem Titel „Wir nennen es Bier“. Berichtet wurde über ein Readymade des genialen Martin Kippenberger, von Freunden, Sammlern und Pseudo-Kennern auch zärtlich Kippi genannt.
Wir sehen eine Dose Schlösser Alt vor Einführung des Dosenpfands in einem Plastikgebinde, anscheinend handelt es sich um die letzte Dose Bier, die anderen sind weg, leer, getrunken.
Das Kunstwerk von 1989 ist aktuell beim Auktionshaus Van Ham zu ersteigern, Schätzpreis 1.800 bis 2.400 Euro. Nur Kunstbanausen und alkoholabstinente Spaßbremsen können das überteuert finden. Alleine der geniale Titel ALKOHOLFOLTER ist das Geld wert.
Nun eiert Frau Pauer in dem Artikel herum, diesem Titel Bedeutung zu schenken: Warum nur „Alkoholfolter“, rätselt sie so vor sich hin. Ist es eine „humoristische Arbeit zur kleinbürgerlichen Lebenswelt“? Oder ist „das Dosenbier die Antithese zur Schankstube, mit ihm ist man sofort sehr allein“? Hübsch formuliert, aber haarscharf daneben. Oder, mutmaßt Frau Pauer, ist „es ein kritisches Selbstbildnis von Kippenberger über seine eigene Neigung zum Alkohol“? Nun, da kommen wir der Sache schon näher. Aber Kippi war ja nicht nur Künstler und Trinker, sondern auch KÖLNER! Und für den Kölner besteht die Folter nicht darin, dass Dosenbier einsam macht oder leider nur noch eine Dose des Sechsergebindes übrig ist, sondern die ALKOHOLFOLTER besteht natürlich eindeutig darin, dass in der Dose ALTBIER abgefüllt wurde, und dann auch noch SCHLÖSSER ALT. Das ist wahre ALKOHOLFOLTER! Amnesty International, übernehmen Sie!
2 Comments
Bevor Amnesty vorweihnachtliche Extra-Spendenaktionen startet: Kippenberger war gebürtiger Dortmunder und bestimmt trotzdem froh, dass er das letzte Schlösser nicht mehr trinken musste, auch wenn’s nur ne 0,33er-Dose war. Union, Küppers, Diebels, Oettinger… Foltermethoden gibt’s viele, die Interpretation des Papsts scheint mir da ein wenig durch die regionale Brille gesehen. A propos (Bogen zum Wander-Blog): Vor ein paar Jahren fuhr ich (Wander-verhindert wegen Knie-Aua aufgrund wegen Zeitmangel nicht eingelaufener neuer Schuhe, was von Kölnern (!) natürlich sofort kommentiert werden musste von wegen „muss man immer einlaufen, un wennet im Wohnzimmer is“ – na herzlichen Dank) zum Museion nach Bozen, wo Kippis „Frosch am Kreuz“ hing, der die Gemüter erhitzte. Ein Priester trat sogar – mit Unterstützung von Papst (sic!) Benedikt – in Hungerstreik, damit das „Schandwerk“ verschwinde. „Ein Werk des Satans“! Die Leserbriefe in den „Dolomiten“ hab ich heute noch. Sehr skurril. Der Priester musste dann wegen eines Schwäche-Anfalls allerdings aufgeben.
Zum „Zeit“-Artkel: Kunst-Schwurbel. Der ganz normale Wahnsinn.
Was nicht alles passieren kann, wenn man vor Schlösser Alt nicht zurückschreckt:
http://christiankellersmann.de/kippenberger-auf-ex/
Fast noch besser als die Geschichten von Beuys Fettecke oder Kippenbergers Gummitrogkalkfleck!