Letztes Jahr im August habe ich die Watzmann-Ostwand durchstiegen. Meinen Report kann man im neuen GEO-Special lesen. Aber wie und wo habe ich mich auf dieses Abenteuer vorbereitet? In Saarbrücken, in der Kletterhalle an der Mainzer Straße mit Andreas. Hier Teil 2 meiner Kletterhallen-Vorbereitung.
Kletterhalle, die Zweite. Ich bin bei meiner zweiten Kletterstunde nach dem Einführungskurs alleine mit Andreas – und muss nicht sichern, sondern nur klettern.
Zunächst geht es ganz gut, obwohl oder gerade weil ich meine Wanderschuhe anhabe, um das Watzmann-Feeling zu simulieren. Ich gehe langsam, belaste vor allem meine Beine. Prima, also weiter an die Zwölf-Meter-Wand. Beim Hochklettern habe ich noch den letzten Tipp von Andreas im Ohr: ich solle mich nur auf den nächsten Griff, den nächsten Tritt nach oben konzentrieren, was unten herum passiert wäre egal. So könne man die Höhenangst besiegen. Andreas hat eine Theorie, warum man im Alter mehr Höhenangst als in der Jugend hat. Man habe einfach mehr zu verlieren, Job, Kinder, Familie, das wäre einem in jungen Jahren egal, aber im Alter würde dieser Film mitlaufen. An der Watzmann-Wand müsse ich bis zu 1.000 Meter hinunterschauen. Dann käme ich leicht in die Panikzone, das wäre die Steigerung von einfacher Höhenangst, dann ginge gar nichts mehr. Wenn ich schon den Begriff “Panikzone” höre, gerate ich in Panik. Mir perlt der Schweiß, ich werde hektisch, spüre erstmals meine Unterarme. Kaum unten, scheucht mich Ausbilder Andreas wieder hoch, meine Unterarme sind popeye-dick und bretthart. Andreas gönnt mir eine Pause, ich kann den Stift für meine Notizen nicht halten, beim Öffnen der Wasserflasche muss mir Andreas helfen. Dann wieder hoch und noch mal und noch mal. Ich beginne am Watzmann-Projekt zu zweifeln.
Dann telefoniere ich – zwei Wochen bis zum Watzmann bleiben mir noch – mit meinem Bergführer, dem Heinz Zembsch aus Berchtesgarden.
“Du bist doch der von Harald Schmidt, ich kenne dich” begrüßt der 68-jährige mich am Telefon. Das mit den Kletterpassagen findet ER nun wiederum gar nicht so heikel, da zieht er die Ungeübten wahrscheinlich sowieso mit dem Seil hinauf, wenn sie es nicht packen. Meine Kondition macht ihm Sorgen, sieben Stunden hoch, fünf Stunden hinunter, das ist eine kernige Zwölfstundentour. Ich beruhige ihn und mache mich an die Konditionsarbeit, gehe 50 Kilometer am Stück im Saarland, 40 Kilometer auf und ab am Rhein. Mich wird nichts und niemand mehr aufhalten, der Watzmann ruft nicht, er schreit schon nach mir!
… übermorgen geht es weiter …
3 Comments
Da bin ich mal gespannt.
Wünsche viel Erfolg und gutes Wetter.
Toller Bericht.
Mit Wanderschuhen an der Kletterwand sorgt man bestimmt für Aufsehen in der Kletterhalle.
Bin gespannt wie es weiter geht.
Hallo Manuel, schöne Idee, deine Leser an der Vorbereitung und deinen Gedanken teilhaben zu lassen. Das man im Alter mehr (Höhen)angst hat, als in der Jugend, stimmt definitiv. Kann ich leider aus eigener Erfahrung bestätigen…